Lebenswille
Hans (auf dem Weg zu Peter, vor sich hinträumend):
Ich wollte ich könnte schreiben
Und mir so die Zeit vertreiben.
Ich würd? die Welt poetisieren,
Ein bisschen Wahnsinn ausprobieren.
In all den dunklen Zwischenräumen
Würde ich mit flinker Feder verweilen,
Mir die Gespenster von der Seele dichten,
Ohne dass sie mich vernichten.
Ich würde der Welt ins Auge sehen,
Ruhig und gelassen die Dinge verdrehen ?
Ach, ich bin nur was der Paarreim ist,
Im Romantischen ein Faschist.
Peter (auf Hans wartend, legt die Feder beiseite):
Manchmal ist selbst Schreiben Mist.
Doch hilft's, wenn mich der Wahnsinn kettet.
(Hans kommt herein)
Ach Hans, ich bin nur was der Kreuzreim ist,
Verdreht im Sterbebett geheilt, gerettet.
(Schweigen)
Hans: Ich bin mir sicher, dass es Gespenster sind,
Die einen dazu bewegen,
Aus ganz bestimmten Gründen Zigaretten anzuzünden.
Peter: Das mag wohl sein,
Gesetzt dem Fall du seist dem Schamanismus verfallen,
So wandelst du sicher in der Toten Hallen.
Hans: Ich wünschte du würdest mit mir streifen
In dieser einen Nacht, die Farben invertieren,
Ehe wir die Deutungskraft verlieren.
Peter: Du sprichst von Deutung wie wahrlich nur Freigeister.
Also streifen durch finsterste Nacht
Und die Farben, die vom Himmel jetzt spärlich gebracht,
Verkehren. Wohlan, auf dass uns des Todes Zwillingsbruder nicht einhole!
Halt ? hast du es nicht gehört? Das kratzende Pfeifen?
Was ist?s, das mir die Ohren martert?
Hans: Die Geräusche, die du vernimmst sind die gleichen wie immer,
Von Gespenstern aber hast du keinen blassen Schimmer!
(Im Wirtshaus)
Peter: Nun erstmal Prost!
Das schenkt uns beiden nämlich Trost.
Doch merk ich?s schon: Dass du es mit den Geistern hast,
Das lässt dir keine Rast.
Und seist du bis zum letzten Lebtag davon gehetzt,
Es ist das widerliche Pfeifen, das mich verletzt.
Ich rauche nun, mich plagt es.
Sprich, ist es das, was du von Geistern sagtest?
Hans: Mein Freund, ich will mit dir rauchen!
Sag mir, zu was sind unsere Körper zu gebrauchen?
Ich wollt es verlassen, das Idyll aus brennend Teer,
Ach, wenn die Selbstzerstörung nur nicht so verführerisch wär.
Und so kommt es mir vor als sitzen wir hier seit Jahren
Und jenes holde Mädchen dort hätte ich so gerne gefragt nach Ihrem Namen.
Peter: Erst erfährt man von dir Geisterliches
Und schon beim ersten Biere sehnst du,
Kaum getrunken, körperhaft.
Das Mädchen hier ist altbekannt, hast du bemerkt,
Dass sie zu jedem zwinkert, doch uns mit kurzen Blicken straft?
So muss ich Vorlieb mit dem Tabak nehmen hier
Und frönen abgeschmacktem Bier.
Das Mädel wird uns Stund um Stund noch hohnen ?
Sind?s wirklich böse Geister, die uns innewohnen?
Hans: Leidensbruder, mir scheint bei all dem Rauschen
Vergisst du deine anderen Sinne zu gebrauchen.
Doch du hast Recht, sie lacht und singt zu jedem Lied,
Sag mir Rauscher warst du jemals schon verliebt?
Peter: Ja und wenn auch unglücklich zwar,
Schon dutzende von Male.
Das eine nette Mädchen, das da war,
Was wenn auch im Gesicht ein wenig fahle,
Das hatt? ich sehr verehrt,
Nur ist es stets mit anderen verkehrt.
Wie es mich verstörte,
Als ich von ihrem unverhofften Tode hörte.
Da starb auch ein großer Teil meiner Seele.
Nun sag es mir aus ehrlicher Kehle,
Hattest du auch Liebesfieber
Oder hältst du?s mit dem Rausche lieber?
Hans: Ich muss gestehen, so manch zünftiger Rausch
Hilft einem im Leben auch!
Doch mit zunehmender Dauer
Baut man sich so manche Mauer
Und mir scheint Du wandelst in des Todes Hallen!
Willst du dich des Lebens entsagen,
Nur weil sie nicht bereit war dich zu tragen?
Wollen wir uns nicht nochmal zusammenreißen
Und all dem eine Chance geben,
Den Farben, der Liebe und dem Leben?
Peter: Einen wahren Freund, der wahrhaftig du bist,
Den habe ich so lang vermisst!
So fehlt sie dennoch! Ach, sie fehlt!
Ich hab es ja selbst mir verhehlt!
Das Kratzen und das Pfeifen ?
Es sind nur erste Zeichen.
Der Rausch mag mich zu Grabe tragen,
Doch ja, ich liebe Farben
Und will es auch noch einmal wagen!
Wollt mich ein Engel retten,
Befreien aus den Ketten,
Für meine Sünden würd? ich büßen
Und ihn mit Kusshand grüßen.
So aber ist?s an uns das Ruder zu reißen,
Uns selbst den rechten Weg zu weisen...
Hans: So lass uns trinken auf die Wirklichkeit,
Wir sind bereit!
(Sie stehen auf und erheben ihre Gläser)
Peter: Bereit zu leben und alles zu geben,
Neue Muster zu weben.
Abreißen die selbst erbaute Wand ?
Aufbruch in ein neues Land.
Mögen Geister fliegen,
Sie aber dürfen niemals siegen.
Vielleicht hat uns das Streifen durch die Nacht,
Das Erhoffte, die invertierten Farben schon gebracht.
Vorbei die Nacht, der ich erlag
Und es kommt der lang ersehnte Tag.
[Ein Dialog zwischen sd und CS,
in neuer, aufregenderer Version]