Novemberelegien
Robin Hoffmann
November-Elegien
19./20.11.2008
* Kalenderblättchen wechselt sich/ Die Stadt in violettem Licht/ Kommt der November, stresst er dich/ Eh der August vergessen ist.
Igel kriechen laut durch Laub/ Und den Katzen wird’s zu kalt/ Dünnes Fell nur auf der Haut/ In das sich die Klaue krallt.
Bis in tiefste Nacht das Stöhnen/ Kein Kissen, das den Lärm bedeckt/ Aus den Zimmern, aus den Höfen/ Klingt’s als ob ein Pferd verreckt.
Und die Leitung bleibt heut stumm/ Das Telefon gibt mir kein Zeichen/ Schon frei gestellt, im Suff und dumm/ Wirkt das Gesicht wie das von Leichen.
Bleich und alt und weiß und faltig/ Aus Augenhöhlen tropft der Wein/ Schon halb tot, noch nicht mal dreißig/ Soll es dann nun gewesen sein.
Durch die Bäume pfeift der Wind/ Wiegt das Holz, es knackt und knarzt/ An der Laterne liegt ein trunken Kind/ Für solche Krankheit gibt’s kein’ Arzt.
Und schon gibt er ihr bunte Mittel/ Pillen, Tröpfchen und Tabletten/ Ihn in seinem weißen Kittel/ Kann nur die Erregung wecken.
Weiße Schenkel, rosa Lider/ Eine Hüfte weich wie Samt/ Und ihr Hals riecht sanft wie Flieder/ Geruch, dem er nicht widerstand.
Sie ist halbtot, ihr Becken springt/ Hoch und nieder auf dem Sofa/ Als er auf ihr niedersinkt/ Merkt er, dass sie doch schon tot war.
Blickt in den Spiegel, weicht zurück/ Denn darin schaut er an den Wahn/ Sein Glied, noch weich, erreizt vom Glück/ Er weiß nicht mehr, was er getan.
Und draußen wird der Himmel grau/ Kein Stern, dessen Licht durchdrang/ Dem Arzt, ihm wird’s Gesicht jetzt blau/ Selbst gerichtet durch den Strang.
Der Monat, dem er einst entsprang/ Der hat sich noch nie geändert/ Die Tage kurz und Nächte lang/ Ganz normal: Es ist November.
Ein frischer Morgen, er wird eh neu/ Hat mehr gemeinsam mit der Nacht/ Am Mauervorsprung verwelkt Efeu/ Der traurig dann im Tode lacht.
Kalenderblättchen wechselt sich/ Zur Weihnachtszeit erschreckt man nicht/ Vor einem spitzen Messerstich/ Weil alles Schlechte bessert sich.
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