Romanze № V
Er war ein Mann in nicht dem schlechtesten Alter. Seine Jugend lag zurück und seine Gebrechen sollten erst noch kommen. Zwar hatte er auch das ein oder andere Leiden, doch sein ärgstes Leid war das Sehnen seines Herzens. Erst hatte er sich verguckt, dann war es aber schon um ihn geschehen, er hatte sich verliebt. Sie war etwas jünger als er. Sie waren sich in einer Klinik begegnet. Ihm fiel zuerst ihre sehr helle und klare, sehr weibliche Stimme auf. Zudem war sie schlichtweg hübsch, hatte glattes mittellanges blondes Haar, ein zartes Gesicht mit neckischen Augen und unterhalb ihrer langen, schlanken Nase, lockte ein weicher, lieblicher rosa Mund. Auf einer Kirchweih hoffte er sie im Dickicht der Massen zu entdecken – vergeblich. Sie hatte ihn, entgegen seines viel gebräuchlicheren Spitznamens, bei seinem Vornamen angesprochen. Er benutzte das Internet und sie wurden befreundet. Er machte sich auf kleine Städtereisen. Er traf sie. Für ihn war es so, als würde er sehr weit, in ein fernes Land, reisen. Im Zug nach Bombay. Sie hatte ein Herz als Anhänger für ihre Kette. Sie konnte ihn auf Dinge aufmerksam machen, die er schon längst ausgeblendet hatte. Auch zog sie seine Aufmerksamkeit sehr an. Es landeten an einem Brunnen brütende Vögel mit Futter für ihre Geschlüpften. Sie tranken Maibowle und fingen an sie mit einem Kichern auszuspucken. Es war sonnig und kühl und alles fühlte sich auf wundersame Weise verzaubert an. Sie lockte ihn auf ein großes Musikfest. Sie setzte sich ganz nah an ihn und lehnte sich zurück, denn ihre Hose war seltsam geschnitten und so sah man ihren Po-Ansatz. Was sie schämte, erfreute ihn. In dem Massengedränge mussten sie irgendwann aufs Klo und sie gingen in die Büsche, statt auf die überfüllten Dixie-Klos. Sie rief ganz laut und hell seinen Vornamen! Danach belohnten sie sich mit einem Cocktail. Sie dachte dann – oder spielte sie es? - ein kleiner Fisch sei im Glas. Sie holten Wasser, damit er nicht vertrockne, der Fisch, den er nicht sah. Er hielt das Glas mit dem Fisch eine ganze Weile lang noch fest, bevor sie gingen und es verschüttet wurde. Sie zog ihn an der Hand zur Straßenbahn, sie hatte einen flotten Schritt. Sie war eine Hunde-Narrin. Das zeigte sich beim nächsten Musikfest, das ein ganzes Wochenende lang ging und zudem er jeden Tag hin pendelte. Denn sie umarmte liebend und innig überall Hunde. Zottelige, Schöne und welche, wovor er eher Angst hatte. Er hatte seinen Umhängebeutel mit einem Sixpack Plastikflaschen-Bier und einer Flasche Wein gefüllt. Sie kauften sich eine CD bei einem Straßenmusiker.
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