Zára III„Was machen wir mit ihm?“ – „Wie wäre es, wenn sie heut Nacht wieder Fleisch bekommt?“ – „damit sie uns wieder entwischt? Jetzt, wo sie so schwach ist, dass wir sie bezwingen?“ – „Es ist nur ein Mensch. Außerdem ist das schon zweitausendundfünfzehn Jahre her.“ Ich blickte benommen in die Runde. Verschwommen sah ich zwei gedrungene Gestalten, die man für knotige, fette Kinder halten konnte. Doch sie hatten dafür zu tiefe Stimmen. Des einen Organ klang wie Donnergrollen und der andere sprach wie ein Geröllfeld. Nach und nach sah ich klarer. Sie sahen nicht nur klobig aus, ihre Gesichter, oder zumindest der erkennbare Teil war genau so wulstig wie der restliche Körperbau. Ihre Hände waren Pranken im Gegensatz zu ihren Armen und Gesichtern. Die Füße standen dem in nichts nach. Ihre Bärte waren grau und hingen bis zum Bauch. „Sieh mal, er blutet!“ schrie das Geröllfeld. Der andere wankte auf mich zu, dann schwanden mir wieder die Sinne. - Wo ist es? - Was meinst du? - Was ist es? - Was meinst du? - Wer spricht da? Warum spricht es? Warum kann ich es verstehen? - Wo bist du, ich sehe nichts. - Was ist sehen? - Wahrnehmen von Licht mit den Augen. - Was ist Licht? - Wer bist du? Ich lag in einem Raum, größer als alle anderen, die ich bisher sah. Hinter mir an der Wand hing eine einsame Fackel. Vor mir breitete sich Finsternis aus, zuckend und wehend, wie ein Gewand. Ich war also hinter dem Gitter. Diese Dunkelheit schien alles Licht zu schlucken. Langsam stand ich auf. Meine Hand schmerzte und ich schloss sie fester zur Faust. Ein Tropfen Blut fiel zu Boden. - BLUT! Wie ein Blitz traf es mich. Ich schloss meine Hand noch fester und wickelte sie in meinen Mantel. Dann blickte ich geradewegs in die Schwärze vor mir. - Ich brauche es. Ich brauche Blut. Nur einen Tropfen. Bitte! - Wozu? - Ich habe keine Kraft mehr. - Und dazu brauchst du mein Blut? - Ja… - Wie kann ich dir vertrauen? - Was ist Vertrauen? - Jemandem nicht weh zutun. - Weh tun? - Schmerz! - Was ist Schmerz? - Der Schrei vorhin. - Sie haben mit Steinen nach mir geworfen. - Das ist Schmerz. - Dann werde ich dir nicht Schmerz zufügen Nichts wusste es von Vertrauen. Von Licht, von Schmerz. Was ist dieses Wesen? Vielleicht bekomme ich Antworten? Irgendetwas faszinierte mich an ihm. Vielleicht sogar war es diese „sie“ von der die Trolle sprachen. Es schien mir sogar richtig in dem Moment. Sie aber war gefangen. Und ich war es ebenso. Vielleicht könnte sie mir helfen, wenn ich ihr helfe. Ich musste an meine Großmutter denken, wie sie uns Geschichten von einem Dämon erzählt hat, der tief unten in denn Stollen der Zwerge haust und Dunkelheit und Angst verbreitet. Doch habe man diesen Dämon seit Jahrtausenden nicht gesehen. Seit zweitausendfünfzehn Jahren? War sie dieser Dämon? Warum war ich dann hier? Luc |