Avalon
Mein Geliebter, ich will dir erzählen, erzählen von einer Welt, an deren Existenz du nicht glauben wolltest, erzählen von meinem Schicksal. Ich sehe die Bilder in meinem Kopf, sie reihen sich aneinander, wie ein endloser Film. Dir will ich ihn dir zeigen, damit du verstehst. Damit ich vielleicht vergessen kann. Ich irre durch die dichten Nebelfelder, orientierungslos und blind. Ich wollte nicht hierher, doch man hat mich geschickt und ich musste folgen. Was gelten Gefühle noch in dieser Welt? Einen Schritt vor den anderen. Zögernd, aber irgendwie auch erwartungsvoll. Und dann bin ich dort. Es ist immer gleich, wie ein Schlag ins Gesicht trifft mich seine Aura. Avalon. Ich spüre seine Kobolde und Feen. Huschende Schatten, ständige Begleiter, unheilige Geschöpfe. Sie sehen mich an und lachen mich aus. Ich ducke mich, versuche mich im Nebel, in der Dunkelheit zu verbergen. Doch es gibt kein Versteck, denn hier ist ihre Welt, haben sie die Macht. Sie gehorchen nur Oberon, dem König der Feen selbst und der lässt sie gewähren. Ich habe gelernt, an manchen Tagen ist es hier besser seine Augen und Ohren geschlossen zu halten. Besser von nichts zu wissen, besser nichts zu sehen. Nur so kann man hier leben, kann ich hier überleben. Avalon ist nicht von unserer Welt und in seine Welt ist kein Platz für uns. Wir sind unwillkommene Fremde. Eindringlinge. Ihr Spielzeug. Manchmal fühle ich mich wie eine Marionette. Es ist diese Welt, die mich zu dem macht, was ich bin. Selbst ein Schatten, fast wie Avalons Kinder. Doch sie können Lachen, mich hingegen schmerzt Lachen noch mehr wie das Schweigen. Ich habe versucht zu Weinen, doch Tränen versiegen auf Avalon. Selbst der Regenbogen ist hier grau. Ich stehe im Auge des Sturms und um mich herum bricht alles zusammen, würde zusammenbrechen wäre es nicht nur eine Illusion dieser Insel. Realität und Schein liegt hier so nah beieinander wie nirgendwo sonst. Nichts ist geblieben von dem, was ich dachte hier gefunden zu haben. Freunde, Sonne und Freiheit, nur Schöpfungen von Avalons Magie. Trugbilder verblassen schnell, auch wenn es hier keine Zeit gibt. Uhren mögen ihren Verlauf anzeigen, doch in Wirklichkeit vergeht sie nicht. Auf Avalon gibt es keine Zeit. Alles hier ist längst verfallen, alles hier ist längst gestorben. Doch was Illusion ist kann nicht verfallen und Avalons Kinder können nicht sterben, es sei denn nach Avalons Willen. Der selbe Wille der es uns erlaubt hier zu leben, doch Avalons Geduld ist begrenzt. Der Tag, an dem wir endgültig zurück kehren können in unsere Welt, scheint jedoch so unsagbar fern. Manchmal zweifle ich fast an seiner Existenz, doch jeder Schritt außerhalb Avalons Nebelfeldern zeigt mir, das zu Hause die Zeit nicht steht und jener Tag kommen wird. Nur noch nicht jetzt, nur noch ein bisschen. Und so kehre ich nach Avalon zurück und versuche es zu Hause zu nennen. Manchmal kann ich fast daran glauben. Doch dann blicke ich zum Himmel und er ist grau. Ich sehe Vögel und Menschen, doch sie Schweigen stumm. In Zeiten wie diesen vergrabe ich mich in Erinnerungen, schaffe ich meine eigenen Illusionen um den Trugbildern der Realität zu entfliehen. Das haben die Kobolde und Feen mich gelehrt. Du musst verstehen, mein Liebster, ich hatte keine Wahl. Um in Avalon zu leben muss man sich ihm unterwerfen. Ich mag anders sein, als du dachtest ich wäre es, doch was ich jetzt bin lag schon lange in mir. Es ist jetzt nur erwacht. Avalon hat mich verändert, aber auch an dir hat die Zeit Spuren hinterlassen. Nichts ist so, wie es in der Vergangenheit einmal war und in der Gegenwart habe ich nicht gelebt. Mein Geliebter, ich flehe dich an, hilf mir die Zukunft zu finden, auf das auch ich endlich im Jetzt sein kann. Ich möchte vergessen, ich möchte leben, doch ich weiß noch ist nicht die Zeit dazu. Nur noch ein Weilchen, mein Geliebter, dann wollen wir uns auf die Suche nach der Zukunft machen. Weit weg von Avalon. Weit weg von Avalon mit seinen Kobolden und Feen, mit seinen ewigen Nebeln und dem grauen Himmel. Weit weg. Nur nicht hier. |