Klippenspringer
Du schaust hinaus in die Weite. So nah an der Klippe hast du noch nie gestanden. Der Wind streicht durch deine Haare. Unter deinen nackten Füßen spürst du die scharfen Kanten des kalten Gesteins. Hinter dir liegt die Vergangenheit, das Luftschloss deiner behüteten Kindheit, eines sorglosen Daseins. Vor dir schimmern lockende neue Orte durch den Nebel, der das Ungewisse verhüllt. Sehnend streckst du die Hand danach aus, doch drohst in den bedrohlich-düsteren Abgrund zu stürzen. Die Zeit vertickt. Du kannst nicht ewig nur hier stehen bleiben. Je länger du wartest, desto schwieriger wird es nur. Es bedarf nur eines kurzen Momentes des Mutes den ersten Schritt zu tun. Es gibt keinen einfachen Weg seine Ziele zu erreichen. Es gibt kein Sicherheitsnetz im Leben. Bist du also bereit für den freien Fall? |
Okay, um es vorne weg zu nehmen: Es geht nicht um Selbstmord. Es ist nicht sooo ernst zu nehmen, sondern eher mit einem Augenzwinkern.
auf Selbstmord wäre ich nicht gekommen. (Ich habe vor kurzem etwas ähnliches verfasst. Sturz hat auch etwas befreiendes.)
Bin gerade alle deine Sachen hier durch ("ein Weg" gefällt mir am besten) und habe überall die gleiche Anmerkung, nicht mal Kritik: es ist mir meist einen Hauch zu ausdrücklich. Aber was ich oft feststellte: viele wollen so etwas unmittelbares lesen, um direkt mit-zufühlen, und können das genießen. Ist nicht mein Ding. Nun, ich kanns auch nicht schreiben (schon probiert). So gesehen bin ich neidisch. Du führst recht konsequent durch Erlebnisse, lässt miterleben und mitdenken. Ich mags selber lieber, wenn dem lesenden Kopf noch etwas zu tun bleibt, wenn er sich an etwas stößt, und sei es formal.
Aber schön ist es trotzdem, irgendwie.
Bist noch auf der Suche, heißt es auf deiner Seite. Ich weiß nicht, ob ich dir hiermit helfe. Ist aber so gedacht.
Gruß
in deinen texten ist etwas immer so, wie es ist. es gibt nicht oft den raum für spiele eigener gedanken. hier allerdings konnte ich mich hineinversetzen; weil ich selbst ein beeinduckendes 'klippenerlebnis' an der englischen südküste auf beachy head hatte.
es gab keine vergangenheit in diesem moment und keine zukunft; ich kann mir auch kaum vorstellen, dass es in solchen momenten raum für komplexe überlegungen gibt - deshalb sehe ich das bild der klippe hier vollkommen als mittel zum zweck, und wäre auch nicht auf suizid gekommen.
mir persönlich ist es zu detailliert beschrieben. dass die zeit vertickt z.b. ist unnötig. einfach einen gedankenstrich zu setzen und überzuleiten zum nächsten, wo dann "ewig" als ungefähre zeitangabe bereits steht, erscheint mir als vollkommen genügend. das macht texte dann in sich dichter und die aussage knallt mehr.
zum kurzen moment des mutes und dem beginn eines weges, empfehle ich dir ein tolles feuilleton vom grandiosen sebastian haffner, es heißt: "Aller Anfang ist leicht!! Eine Neujahrsbetrachtung" und ist zu finden in seinem buch "Das Leben der Fußgänger - Feuilletons 1933-1938" und einfach geil. das buch lohnt sich auch so voll.
und noch eine kleine korrektur:
"Es bedarf nur eines kurzen Momentes des Mutes" da hast du die zeit gedoppelt. grüße dk